exhibition

Der Sturm. Fünfzehnte Ausstellung. Der Moderne Bund Schweiz

Gemälde / Graphik
ID: 550, Status: proof read
Exhibition period:
Apr 26‒May 31, 1913
Type:
group
Organizing Bodies:
Der Sturm
Currency:
M (German Mark)
Quickstats
Catalogue Entries: 44
Types of Work: painting and drawing: 35, unknown: 9
Artists: 7
Gender: female: 0, male: 7
Nationalities: 3
collapse all Catalogue View List View
Date Title City Venue Type
Mar 16‒Apr 4, 1913 V. Kollektiv-Ausstellung. Moderner Bund. Schweiz Munich Hans Goltz art galleries, artist associations
Opening Hours
daily: 10 am - 6pm; sun: 10am - 2pm
Catalogue
Der Sturm. Fünfzehnte Ausstellung. Der Moderne Bund Schweiz. Gemälde / Graphik. Berlin: Verlag Der Sturm 1913.
Nr. of pages: [PDF page number: 13].
Holding Institution: online: Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Munich
Preface
L. H. Neitzel: Anlässlich der Ausstellung des Modernen Bundes, p. 1-5

"Sie sind skeptisch gegen Katalogsvorreden!?
O, fürchten Sie nichts! Nicht um Ihnen noch rasch vor dem Betreten der Säle eine fertige und „moderne" Meinung aufoder einzuprägen, wollen wir hier einige Momente verweilen.
Nicht von dem Resultat, dass ich diese Bilder schätze, wollen wir sprechen; das mag Ihnen gleichgültig sein. Aber das Warum, die Art des Kunstschauens, die mich zwingt, diese Bilder wesentliche zu nennen, muss auch Sie interessieren.
Die Frage liegt vorerst so schwer ja nicht: Ein Bild ist ein Gegenstand, ein Ding, das seinen Wert in sich trägt.
Will ich diesen Wert erforschen, so lege ich zwei Beziehungen klar: Die Beziehung zwischen mir und dem Bild — und die Beziehung zwischen dem Bild und seinem Schöpfer, seinem Wertpräger. Diese zweite Beziehung ist die grundlegende, weil
sie das Ding an sich zu klären trachtet. Nur mit dieser Klärung wird eine Kritik wertvoll; sie wird „objektisch" — wie ich es nenne. Wie weit dies von Bedeutung ist, werden wir gleich sehen.
Durch drei Fragen komme ich zu dieser Klärung: Was hat der Maler gewollt? — Wie und mit welchen Mitteln hat er seinem Willen Ausdruck verliehen? — Ist das Resultat
organisch, einheitlich entstanden, kurz: ist das Bild gelöst — oder, wie weit ist es gelöst?
Aus den Antworten hierauf — in einem Falle vielleicht auch aus einem Schweigen auf die ersten beiden Fragen — werde ich sehen können, ob der Maler zu den Eroberern gehört, ob er in den Okkupationstruppen ficht, oder ob er aus idyllischer Bürgerlichkeit von alter Helden Weise singt - oder ein Abgesprengter und Verirrter ist.
Ich werde es sehen können! — Wie weit ich es prüfen kann, wird allerdings von meiner eigenen Organisation abhängen (und da wird es eben schwerer). Denn eine Sache hat sich bei der Wertschätzung klar herausgestellt: Ohne selbst ästhetisch fundamentiert
zu sein (und zwar malerisch; nicht literarisch, was zwar auch zu Resultaten führt, die aber gar zu leicht in eine mehr oder minder gut umschriebene Selbstberäucherung ausarten),
kann ich wiederum über einen Künstler nichts Objektisches, vom Geist seiner Werke nichts Wesentliches aussagen. -
Die gewöhnlichste Art ist, den Gegenstand zu feiern, der dem Maler zum Vorwurf diente, und den ich liebe und besitzen möchte, statt seine Transformation durch den Maler, auf die es doch allein ankommt.
Wir sehen, es geht schon nicht gut anders: Da die Beziehung zwischen mir und dem Kunstwerk doch die ausschlaggebende ist, muss auch ich als Wertender meine Wesensart festlegen. Ich muss sagen, ob mir der Väter fromme Weisen, die von
ersten Autoritäten für gut befunden wurden, so lieb geworden sind, dass ich mich allen neuen Rhythmen verschliesse und sie als sündhaft und frivol der zweifelsohne rächenden Faust der Nachwelt überliefere. Dann mag ich ja ruhig in prophetischem Tone rufen: In vierzig, ach! in zwanzig Jahren -- wir werden schon sehen! -- und dabei denken, dass man dann zum guten Alten zurückgekehrt sein wird.
Oder ich muss bekennen, dass ich an den Reichtum und den Ernst meiner Zeit glaube, die Tag um Tag auf allen Gebieten mit einer Energie arbeitet, die in ihrer Gesamtheit von einer bisher unerhörten Monumentalität ist. Fast alle Jahre springt eine neue revolutionäre Tat auf, die sich herrschsüchtig über die anderen erhebt, bis sie von einer stärkeren gestürzt wird.
Bald flammt sie aus der Technik auf, bald aus der Wissenschaft; und alle Welt rühmt den Ingenieur, den Chemiker, den Mediziner — den Erfinder und Entdecker.
Nur der Kunst will man dieses Recht auf neue Wege, auf Entdeckungen verwehren. Um den Revolutionär zu bekämpfen zitiert man solange die heilige Tradition (die plötzlich nur zu diesem Zwecke gemacht erscheint), bis einer kommt, der an der Hand von Doktrinen und Lehren beweist, dass der Revolutionär im Grunde genommen gerade die Tradition sei. (Hat nicht irgendwer vor Kurzem wieder entdeckt, dass Dürer bei der Geburt des Kubismus Gevatter stand?) Ist dieses glücklich gelungen, so verwenden plötzlich alle den in Huld aufgenommenen Revolutionär a. D., um den nächstkommenden zu erschlagen,
bis auch er seinen Polsterstuhl in der Tradition zuerteilt bekommt.
Kurzweilig mögen diese Spiele ja sein, die von jeher bei Kunstinteressenten in hoher Gunst standen und stehen. Man kann dabei so gut mit Lehren und Doktrinen operieren. Dieses letztere hat sich nun ein guter Teil der modernen Künstler zu nutze gemacht und daraufhin in grosser Weisheit manches kluge, interessante, ja auch wertvolle Werk geschaffen. Darüber aber muss man sich klar bleiben: Alle Doktrinen sind letzten Endes
nur die Leitern und Gerüste, die an einem — wir müssen auch sagen: für einen Fundamentalbau stehen, auf dem sich ein Kunstwerk erhebt — oder erheben soll. Sie sind meist interessanter für den wissensdurstigen Passanten, der mit grosser Begeisterung an ihnen herumklettern mag, als für den Künstler oder einen adäquaten Beschauer, der sie sich aus dem fertigen Kunstwerk deuten will, oder sie ungedeutet in seinem Blute trägt.
Was diese eben genannten Maler gaben, waren mehr oder minder brauchbare Fundamente; äussere Notwendigkeiten, denen nur die innere Notwendigkeit zum Kunstwerk fehlt.
Und dennoch, wenn wir ihnen herrschend begegnen, vergessen wir eines nicht: Sehnsüchtige haben diese Lehren geprägt, die in dem unfassbar grandiosen Strom des Lebens die Insel gefunden zu haben glaubten, die den Tempel ihrer Kunst tragen sollte, in dem sie all' die sinnfällige Herrlichkeit des Stromes oder seine geheimnisvollen Mysterien deuten — oder sein Brausen zu einem starken Gesänge zusammenfassen wollten. Und waren die Kräfte zu schwach, und blieben nur wenige Reste des Fundaments, so waren es doch hinausgereckte Sehnsüchte nach einem neuen Stil. Jeder Wille zur Selbstzucht, zur Organisation ist schätzenswert!
Andere freilich wuchsen sich organisch und in sich geschlossen zu einem System aus, wurden zu einem Stil, der dem einen Erfüllung, dem anderen Verheissung ward. Lobgesänge einer nie geschauten Architektur voll unerwarteter Perspektiven wurden
überzeugend laut. Der eine liebt sie, weil er den Rhythmus der Gesänge liebt, der andere, weil er an die Möglichkeit einer realen Verwendung ihrer inneren Gesetze glaubt, wieder ein anderer, weil ihm das System vielleicht eine Teilerfüllung seiner noch dunkel im Blute gärenden Hoffnungen und Ziele zu sein scheint.
Nur eine Bemerkung möchte ich hier noch einschieben: Je organischer ein System aus dem Werk eines Künstlers gewachsen ist, um so unantastbarer ist es. Gefährlich, es als Teilerfüllung zu adoptieren. Es kam schon vor, dass Maler in Systemen wie in leeren Kisten rappelten; Gespenster der Kinderstuben, gemacht mit einem viel zu grossen entliehenen Hemde. — — —
Nähern wir uns nun nach diesen Betrachtungen den Werken des Modernen Bundes.
Einheitlich ist der Gesamteindruck dieser Ausstellung. Empfinden Sie aber eine Doktrin, die als Losung ausgegeben wurde, um der Gruppe dieses einheitliche Gepräge zu geben?
Sehen Sie unerfüllte Gesten in entliehenen Formen?
Wir empfinden die Zusammengehörigkeit dieser Künstler bei aller oft fundamentalen Differenz der einzelnen Persönlichkeiten. Was sie einigt ist der Ernst um die Sache selbst, ist der gemeinsame Wille weiterzuschreiten, ist der Glaube an die
Kraft des Heute.
Und wie verschieden sind die Wege, wie verschieden die Ziele, wie verschieden die Temperamente! Wie gross die Möglichkeiten!
Konfessionäre, die mit einem Lächeln ihre extatischen Konfessionen überwachen, die sich in die psychologischen Reiche menschlicher Ausdrucksmöglichkeiten hineinschieben: Arp-Klee.
Vitale Dramatiker, deren Bilder von glutvollem Niederzwingen oder intuitionreichem Neuformen zittern: Huber-Lüthy.
Lyriker, mit mehr epischem oder mehr idyllischem Einschlag: Gimmi-Helbig. Hier auch Pfister.
Alle freizügig, nirgends in einem sie beengendem System festgelegt! — Denn mag man auch Anklänge an fremde Doktrinen finden, mag man Entlehnungen aufzudecken glauben, immer sind sie von der Eigenart des Künstlers aufgesogen, sind organisch
geworden; waren ihm nur ein Hilfsmittel zur Selbstzucht, waren nötig zu einer Steigerung seines eigenen Wertes. Jung ist der Moderne Bund, künstlerisch ernst, daher entwicklungsfähig. Darum nenne ich diese Bilder wesentliche."
Additional Information
Traveling Exhibition
Participant Addresses listed
Additional Notes
Date information taken from:
Nell Walden; L. Schreyer: Der Sturm. Ein Erinnerungsbuch an Herwarth Walden und die Künstler aus dem Sturmkreis. Baden-Baden 1954. p. 258.

This is the fourth exhibition of the Moderner Bund, see:
Doris Fässler  (ed.): Der Moderne Bund. Beginn der Moderne in der Schweiz. Lucerne 2011. p. 102.

+Gender Distribution (Pie Chart)

+Artists’ Age at Exhibition Start(Bar Chart)

+Artists’ Nationality(Pie Chart)

+Places of Activity of Artists(Pie Chart)

+Exhibiting Cities of Artists(Pie Chart)

+Catalogue Entries by Type of Work(Pie Chart)

+Catalogue Entries by Nationality(Pie Chart)

Name Date of Birth Date of Death Nationality # of Cat. Entries
Hans Arp 1886 1966 FR 8
Wilhelm Gimmi 1886 1965 CH 10
Walter Helbig 1878 1968 DE 7
Hermann Huber 1888 Dec 9, 1967 CH 4
Paul Klee 1879 1940 CH 9
Oscar Lüthy 1882 1945 CH 4
Albert Pfister 1884 1978 CH 2
Recommended Citation: "Der Sturm. Fünfzehnte Ausstellung. Der Moderne Bund Schweiz." In Database of Modern Exhibitions (DoME). European Paintings and Drawings 1905-1915. Last modified Nov 12, 2021. https://exhibitions.univie.ac.at/exhibition/550